ZUKUNFT DER VERTEIDIGUNG: INNOVATION IM BLICK

Veranstalter, Speaker und Diskussionsteilnehmer von “Miliz trifft Wirtschaft”, v.l.n.r.: Matthias Heigl (Geschäftsführer Militär Aktuell), Norbert Frischauf (Weltraumexperte des Bundesheeres), Nils Berger (Gründer & Geschäftsführer Viewpointsystem), Generalmajor Harald Vodosek (Rüstungschef des Österreichischen Bundesheeres), Reinhard Marak (Geschäftsführer der ARGE Sicherheit & Wirtschaft in der WKO), Armin Richtiger (Präsident Milizverband Österreich), Christian Bayer (Generalsekretär Milizverband Österreich) und Jürgen Zacharias (Chefredakteur Militär Aktuell).

Von Cezara Maria Muresan

Was, wenn die nächste bahnbrechende technologische Innovation in der Verteidigung nicht von einem großen Rüstungskonzern kommt, sondern von einem Startup aus dem Co-Working-Space? Oder von einem Tech-Unternehmen, das bisher nichts mit der Branche zu tun hatte? 

Genau dies war eines der Szenarien, die bei „Miliz trifft Wirtschaft“ an unserem Produktionsstandort in der Seestadt Wien diskutiert wurden. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Sicherheit und Innovation“ und drehte sich darum, wie Innovation in der Verteidigung schneller vorangetrieben und schneller praktisch nutzbar gemacht werden kann. Dazu gehört auch, Barrieren zwischen Branchen abzubauen und Wege zu finden, wie Startups, Scale-ups und etablierte Unternehmen Ideen und Konzepte zur Gestaltung der Verteidigungszukunft spielen können. 

Bei der dritten Ausgabe von „Miliz trifft Wirtschaft“, ausgerichtet von Militär Aktuell und dem Milizverband Österreich, wurde die drängende Frage erörtert, wie unsere Sicherheit in einer sich wandelnden Welt gewährleistet werden kann. Und welche Rolle spielen technologische Innovationen in diesem Kontext? 

Technologie trifft auf strategischen Diskurs 

Vor dem offiziellen Start des Programms hatten die Gäste die Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen unserer Produktion zu werfen und die VPS Smart Glasses mit integriertem Eye Tracking zu testen. 

Die Hands-on-Sessions zeigten, wie mobile Eye Tracking Technologie dabei unterstützt, Blickstrategien zu optimieren und damit Entscheidungsprozesse, Situationsbewusstsein und kognitive Leistung verbessert – besonders relevant in Situationen, in denen jede Sekunde zählt. 

Auch immersive Technologien standen im Fokus: Von der Apple Vision Pro bis zur Meta Quest konnten die Gäste verschiedene Virtual- und Mixed-Reality-Brillen ausprobieren. 

Nach dieser interaktiven Technologiesession rückte das große Ganze in den Fokus: Experten und Entscheidungsträger aus Verteidigung, Industrie und Forschung diskutierten, wie der „Entwicklungsplan 2032+“ des Österreichischen Bundesheeres den Kurs für die Zukunft vorgib. Dabei ging es um globale Trends, geopolitische Veränderungen und die Rolle von innovativen Technologien in der Verteidigung. 

Sicherheit ist kein Nice-to-have, sondern absolute Notwendigkeit 

Der Rüstungsdirektor des Bundesheeres, Generalmajor Harald Vodosek, betonte, dass Österreich verstärkt auf Multi-Domain-Operationen setze – eine Strategie, die die Bereiche „Cyber“, „Information“, „Air“ und „Space“ miteinander vernetzt.  

„Das Entscheidende ist nicht, dass wir nun mehr Geld bekommen, sondern dass wir einen Paradigmenwechsel hingelegt haben“,  erklärte Vodosek.  Dieser Paradigmenwechsel ziele auf die Entwicklung von isolierten Lösungen hin zu strategischen Ökosystemen, von fragmentierter Technologie zu integrierten Netzwerken.  

Vodosek betonte zudem die zunehmende Bedeutung autonomer Technologien: Es werde „Führungsdrohnen” geben, die einen Schwarm anführen. Auch die neuen Kampfflugzeuge der 5. und 6. Generation werden wohl Drohnen führen. Vodosek hob dies als „Chance für die österreichische Wirtschaft, sich zu beteiligen”, hervor.  

Sateliten: Im Einsatz für die globalen Sicherheit

Satelliten sind für viele ein abstraktes Thema, dabei sind sie längst unverzichtbar für unseren Alltag. Banktransfers? GPS-Navigation? Globale Kommunikation? All das basiert auf Satelliten, die hoch über uns ihre Bahnen ziehen. 

Norbert Frischauf, Hochenergiephysiker und Weltraumexperte des Bundesheeres, machte deutlich, dass Satelliten viel mehr sind als nur Metall im Orbit – sie sind die unsichtbare Infrastruktur, die unsere Welt am Laufen hält.  

Das Bundesheer plant deshalb, eigene Satellitenkapazitäten zu entwickeln, um Multi-Domain-Operationen in den Bereichen Space, Cyber, Air und Information zu unterstützen. 

Besonders interessant:  Früher mussten Satelliten bis zu 15 Jahre halten – heute werden sie oft nur für drei bis vier Monate gebaut. Die Technologie entwickelt sich so rasant, dass kürzere Innovationszyklen zur neuen Normalität werden. Österreichs Verteidigungsinfrastruktur will mit dieser Dynamik Schritt halten.  

Sehen ist nicht gleichbedeutend mit wahrnehmen

Nils Berger, CEO von Viewpointsystem, brachte das Thema zurück zu etwas zutiefst Menschlichem: der Wahrnehmung. 

In herausfordernden Situationen, in denen Entscheidungen in Sekundenbruchteilen getroffen werden müssen, kann die Art und Weise, wie wir Informationen verarbeiten, über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Dabei spielt das Sehen eine entscheidende Rolle: „80 Prozent aller Informationen, die wir verarbeiten, kommen über die Augen – wir sind visuelle Wesen“, erklärte Berger. 

Er erläuterte, wie die Eye-Tracking-Technologie Verteidigungskräften hilft zu verstehen, wie sie unter Druck reagieren und wie sie ihre Entscheidungsprozesse optimieren können.  

„Das Blickverhalten kann trainiert werden“, betonte Berger. „Das Ziel ist es, bestehende Blickstrategien zu verbessern und neue zu entwickeln.“ 

Das gelte nicht nur für militärische Anwendungen: Dieselben Prinzipien sind auch für Notfalleinsatzkräfte, Chirurgen, Piloten und sogar für den Spitzensport oder komplexe industrielle Prozesse entscheidend. 

Was braucht es, um Innovation in der Verteidigung voranzutreiben? 

Während die Veranstaltung eine Vielzahl von Themen behandelte, kristallisierten sich einige zentrale Erkenntnisse heraus, wie Innovation im Verteidigungssektor gezielt gefördert werden kann: 

  • Mehr Zusammenarbeit zwischen Militär, Politik und Industrie, um Herausforderungen gezielt zu bewältigen und technologische Fortschritte schneller nutzbar zu machen 
  • Startups und Scale-ups müssen besser integriert werden, indem Anlaufstellen und Kontaktmöglichkeiten geschaffen werden, um Innovationen in die Verteidigung einzubringen
  • Investitionen in vorausschauende Forschung sind entscheidend, um Technologien zu entwickeln, die heute noch nicht im Fokus stehen, aber künftig eine Schlüsselrolle spielen könnten
  • Es muss mehr Transparenz über technologische Anforderungen im Verteidigungsbereich geschaffen werden, damit Unternehmen gezielt Innovationen entwickeln können 
  • Vereinfachte und zugänglichere Vergabeverfahren könnten eine breitere Teilnahme ermöglichen und mehr Unternehmen – insbesondere kleinere Firmen und Startups – dazu ermutigen, innovative Lösungen für den Verteidigungssektor zu entwickeln

Im Kern machte „Miliz trifft Wirtschaft“ deutlich, dass innovative Technologien, Anpassungsfähigkeit und Zusammenarbeit die entscheidenden Faktoren für die Verteidigung der Zukunft sind. 

Egal ob Satellitentechnologie, Eye Tracking oder moderne Verteidigungsstrategien – Innovationen sind nicht nur ein Vorteil, sondern eine Notwendigkeit, um Sicherheit und Widerstandsfähigkeit in einer zunehmend komplexen Welt zu gewährleisten. Wie Generalmajor Vodosek es treffend formulierte: „Was treibt eine Gesellschaft an? – Es ist Innovation und Technologie.”  


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