Von Jana Riethausen, VPS Redaktionsteam
Die Johanniter Österreich setzen auf neueste Technologie, um die Ausbildung von Rettungs- und Notfallsanitätern nachhaltig weiterzuentwickeln. Mit den VPS Smart Glasses, ausgestattet mit Eye Tracking, wird das Training zielgerichtet optimiert. Ursprünglich im Rahmen von zwei EU- Forschungsprojekten getestet, hat sich die Technologie inzwischen in der Ausbildungsarbeit der Johanniter bewährt. Das Ziel: Die Erstorientierung in Notsituationen verbessern und den Fortschritt der Auszubildenden objektiv messen.
In Notfallsituationen zählt jede Sekunde, und die richtige Entscheidung kann Leben retten. Die Herausforderung für die Johanniter liegt darin, Rettungs- und Notfallsanitäter:innen so auszubilden, dass sie auch unter immensem Druck schnell, sicher und präzise handeln.
„Die Qualität der Ausbildung entscheidet über den Erfolg im Einsatz“, betont Georg Aumayr, Leiter des Forschungs- und Innovationszentrums der Johanniter in Österreich. „Unsere Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass unsere Einsatzkräfte in jeder Situation optimal vorbereitet sind. Um dieses Top-Ausbildungsniveau zu gewährleisten, evaluieren und integrieren wir regelmäßig innovative Technologien wie Virtual Reality oder Eye Tracking.“
Situationsbewusstsein schärfen: Rettung beginnt mit Überblick
Am Ausbildungsstandort Wien werden jedes Jahr rund 180 Rettungssanitäter:innen und 20 Notfallsanitäter:innen geschult. Ein zentraler Aspekt der Ausbildung ist die sogenannte „Situational Awareness“ – die Fähigkeit, sich in einer akuten Notlage schnell und sicher zu orientieren. Mithilfe der Eye Tracking-Technologie wird überprüft, ob angehende Sanitäter:innen die Gefahrenlage richtig bewerten, bevor sie die Erstbegutachtung der Patient:innen durchführen.
„Die Smart Glasses erlauben es uns, die Blickmuster der Lernenden genau zu analysieren. Dadurch erkennen wir, wo Aufmerksamkeit fehlt oder abgelenkt wird“, erklärt Georg Aumayr. So können Ausbildende gezielt eingreifen und das Training individuell anpassen.
Lernphasen im Blick: Vom Anfänger zur Einsatzkraft
Die Eye Tracking-Daten liefern wertvolle Einblicke, um den Fortschritt in der Ausbildung zu überwachen. Gerade in der Anfangsphase zeigt sich, wie gut sich die Auszubildenden orientieren und ob sie den Anleitungen folgen. Mit fortschreitender Ausbildung stabilisieren sich die Blickmuster, was zeigt, dass die Auszubildenden bereit sind, im realen Einsatz Verantwortung zu übernehmen.
„Sobald der Blick den Vorschriften und Anleitungen stabil folgt, sind wir auf einem Level, wo man die Auszubildenden in den Einsatz schicken kann“, so Georg Aumayr. Diese datenbasierte Rückmeldung ist sowohl für die Lernenden als auch für die Ausbildenden wertvoll, um Trainingsziele besser zu definieren.
Einsatzfähigkeit bewerten: Wann beginnt die Ermüdung?
Neben der Ausbildung untersuchen Georg Aumayr und sein Team, wie lange Sanitäter:innen unter verschiedenen Bedingungen einsatzfähig sind. Eye Tracking liefert hier wichtige Erkenntnisse: Häufiges Blinzeln oder unruhige Blicksprünge deuten auf Ermüdung oder Überlastung hin. Diese Daten helfen, die Belastungsgrenzen der Einsatzkräfte besser einzuschätzen und rechtzeitig Maßnahmen zur Entlastung zu ergreifen.
„Mit Eye Tracking haben wir objektive Daten, um Einsatzzeiten realistisch zu bewerten und Überlastung frühzeitig zu erkennen“, so Georg Aumayr.
Besser trainieren: Verhaltensmuster erkennen, Qualität steigern
Die Eye Tracking-Technologie der VPS Smart Glasses liefert den Johannitern wertvolle Einblicke, um die Rettungsausbildung gezielt zu verbessern. Durch die Analyse von Verhaltensmustern können Trainingsinhalte angepasst und Trainer:innen klare Leitlinien für die Arbeit mit den Auszubildenden gegeben werden.
„Die Qualität der Ausbildung steht für uns stets im Vordergrund“, erklärt Georg Aumayr. „Unsere Teams werden so vorbereitet, dass sie in realen Einsätzen kompetent und sicher handeln können.“
Die Johanniter Österreich planen, den Einsatz von Eye Tracking weiter zu intensivieren, um zusätzliche Erkenntnisse für ihre Ausbildungsprogramme zu gewinnen.
Wichtige Erkenntnisse aus EU-Projekten: Palaemon und Meticos
Die EU-geförderten Forschungsprojekte Palaemon und Meticos boten den Johannitern die erste Gelegenheit, die Eye Tracking-Technologie der VPS Smart Glasses in groß angelegten Szenarien zu testen. Im Projekt Palaemon lag der Fokus auf der Entwicklung smarter Evakuierungsstrategien am Beispiel eines Kreuzfahrtschiffs mit 7.500 Passagier:innen. Mit Hilfe der Eye Tracking-Brillen wurde analysiert, wie Menschen unter Stress digitale und physische Leitsysteme wahrnehmen und ob sie sich in komplexen Umgebungen korrekt orientieren können.
Im Projekt Meticos wiederum untersuchten die Johanniter die Akzeptanz und Effektivität von automatisierten Grenzkontrollsystemen. Dabei wurde analysiert, wie Reisende und Grenzbeamte in automatisierten Prozessen interagieren und wie visuelle Orientierungshilfen wahrgenommen werden.
Beide Projekte trugen dazu bei, das Verständnis für menschliches Verhalten und Orientierung unter Belastung zu schärfen und legten den Grundstein für den erfolgreichen Einsatz von Eye Tracking in der Rettungsdienstausbildung.