WO MUSS DIE AUFMERKSAMKEIT LIEGEN? GEZIELTES VIDEO-TRAINING MIT SMART GLASSES AUF DER NEUGEBORENEN-INTENSIVSTATION

Datenbrillen können die medizinische Ausbildung verbessern und sogar praxis-orientierte Trainings auf Distanz ermöglichen. Welche Vorteile dabei speziell Eye Tracking hat, zeigt nun eine gemeinsame Studie* der Medizinischen Universität Wien und des Leiden University Medical Center.

Wien, 15. Dezember 2021 – Die Kontaktbegrenzungen während der Covid-19-Pandemie führen unweigerlich zu einem Rückgang des Unterrichts am Krankenbett für medizinisches Personal und Studierende. Um die notwendige praktische Unterstützung bei der Ausbildung zu bieten, setzte ein wissenschaftliches Team unter der Leitung des Wiener Neonatologen Priv.-Doz. DDr. Michael Wagner proaktiv auf die Erprobung neuer Technologien: Mit der Eye Tracking-Datenbrille „VPS 19“ führte das Team Video-basierte Trainings und Live-Streamings bei neonatalen Eingriffen durch.

Umgesetzt wurde die Studie während eines Auslandsaufenthalts auf der Neugeborenen-Intensivstation (NICU) des Leiden University Medical Center. Über einen Zeitraum von drei Monaten (Sept.-Nov. 2020) wurden mit der Datenbrille zwölf Eye-Tracking-Aufzeichnungen von Eingriffen bei zehn Neugeborenen aufgenommen, wie zum Beispiel einer neonatale Intubation, einer minimal-invasive Surfactant-Therapie und dem Legen von Kathetern. Mit diesen Aufnahmen konnten neun videobasierte Besprechungen mit dem neonatologischen Team mit insgesamt 88 Teilnehmern durchgeführt werden. Die Schulungsvideos wurden zudem online gestreamt, damit auch die MitarbeiterInnen im Home Office die Eingriffe verfolgen konnten. Insbesondere die durch Eye Tracking ermöglichte Anzeige des Blickpunkts des Durchführenden erwies sich dabei als sehr nützlich.

„Die Eye-Tracking-Technologie ermöglicht es den Auszubildenden, Eingriffe unmittelbar aus der Perspektive des durchführenden Experten nachzuvollziehen. Sie identifizieren sofort die während des Eingriffs kritischen Bereiche und prägen sich die Blickmuster des Experten ein. So können der klinische Denkprozess während der Aufgabenerfüllung nachvollzogen und Strategien für erfolgreiche Eingriffe erlernt werden“, erklärt Studienleiter Priv.-Doz. DDr. Michael Wagner. 

DIE ERGEBNISSE DER STUDIE IM ÜBERBLICK:

  • Die Durchführenden der Eingriffe empfanden das Tragen der Datenbrille als praktisch und nicht störend. Sie berichteten über keinerlei Unbehagen im Zusammenhang mit der Brille oder einer Leistungsveränderung. Keiner von ihnen setzte die Eye-Tracking-Brille während der Eingriffe ab.
  • Die Auszubildenden berichteten, dass die Eye Tracking-Videos für sie einen pädagogischen Nutzen darstellen. Sowohl die Teilnehmer der videobasierten Trainings-Sessions als auch die Online-Beobachter bewerteten die aus der Ich-Perspektive des Durchführenden am Krankenbett aufgenommen Videos und Streamings als lehrreiche Erfahrung. Die Anzeige des Blickpunkts im Video gab ihnen die Möglichkeit, die für den Eingriff kritischen Bereiche sofort zu identifizieren und von der visuellen Aufmerksamkeit des ExpertInnen zu lernen.

ÜBER DIE VERWENDETE EYE TRACKING-DATENBRILLE VPS 19

Für die Eye Tracking-Videos und Streamings wurde die CE-zertifizierte Eye-Tracking-Brille VPS 19 von Viewpointsystem verwendet. Die Brille hat binokulare Eye-Tracking-Kameras, die in Echtzeit die Ich-Perspektive und das Blickverhalten des Trägers erfassen. Die Frontkamera zeichnet das Sichtfeld des Trägers in Full High Definition auf. Die Brille wiegt 43 g. Mit der zum System gehörenden Smart Unit, einem Mini-Computer, können die Videos aufgezeichnet, gestreamt und ausgewertet werden.

Zu dem Studienbericht geht es hier: https://doi.org/10.1136/archdischild-2021-321806

*Wagner M, den Boer MC, Jansen S, et al. Video-based reflection on neonatal interventions during COVID-19 using eye-tracking glasses: an observational study. Archives of Disease in Childhood – Fetal and Neonatal Edition. Published Online First: 19 August 2021. https://doi.org/10.1136/archdischild-2021-321806

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