Wahrnehmung verbessern, Sicherheit erhöhen

Vom Viewpointsystem Redaktionsteam 

Ob Soldaten, Spezialeinheiten oder Polizisten – jeder, der im Einsatz ist, hat oft nur Bruchteile von Sekunden Zeit, um Entscheidungen zu treffen. Mit Hilfe von Eye Tracking können Einsatzkräfte ihre Aufmerksamkeit trainieren und die Wahrnehmung verbessern. Viewpointsystem Gründer & CEO Nils Berger erklärt, wie die Technologie zu einem besseren Verständnis menschlicher Wahrnehmung führt sowie zu mehr Effizienz und Sicherheit im Einsatz.

REDAKTION: WIE GENAU UNTERSTÜTZT EYE TRACKING BEIM TRAINING VON EINSATZKRÄFTEN?

Nils Berger: Wir helfen mit unserer Technologie zu verstehen, wie Menschen – ganz egal, ob es um Polizeibeamte geht, um Personenschützer oder um Special Forces – in Stress- und Gefahrensituationen Dinge wahrnehmen, oder auch nicht. Das ist wertvolles Wissen, mit dem sich in Ausbildung und Training das eigene Verhalten optimieren lässt.

Im Ernstfall hängt viel davon ab, ob wir Gefahren frühzeitig erkennen oder Szenarien schnell richtig einschätzen. Leider ist unsere Wahrnehmung unter Stress und in komplexen Situationen oft beeinträchtigt. Der Blick springt hin und her und mir machen häufige Lidschläge. Das ist aber trainierbar. Es ist in Stresssituationen nicht immer wichtig, möglichst viel wahrzunehmen, sondern die richtigen Dinge zu sehen.

WELCHE ANWENDUNGSMÖGLICHKEITEN ERGEBEN SICH DARAUS?

Unzählige, auch weil unsere Smart Glasses in allen Lichtverhältnissen funktionieren und nicht auf eine spezifische Umgebung beschränkt sind. Damit lassen sich in realen Umgebungen beispielsweise Geiselbefreiungsszenarien üben. Dasselbe System ist ohne Adaptierungen aber auch in Flugsimulatoren einsetzbar. Da wie dort stellt unsere Technologie das Blickverhalten des Trägers digital dar, macht es auswertbar und interpretierbar. Damit geben wir Anwendern und Ausbildern eine wichtige Grundlage zur Optimierung ihres Blickverhaltens.

Darüber hinaus wird unsere Technologie auch zu Fernwartungszwecken eingesetzt, ähnlich wie im Industriebereich. Damit könnten beispielsweise Experten und Fachmänner aus dem Hintergrund technisch weniger versierte Leute bei der Reparatur von Fahrzeugen oder anderem Equipment anleiten.

Durch Eye Tracking kann die Wahrnehmung des Trainierenden nachverfolgt und das Blickverhalten verbessert werden. Video: Guardiaris

MIT DEM SLOWENISCHEN TRAININGSSIMULATIONSANBIETER GUARDIARIS HAT VIEWPOINTSYSTEM KÜRZLICH EINE VEREINBARUNG ZUM INTERNATIONALEN VERTRIEB SEINER SMART GLASSES IM MILITÄRISCHEN BEREICH GESCHLOSSEN. WIE KAM ES DAZU?

Wir haben uns im Rahmen des mit Mitteln aus dem Europäischen Verteidigungsfonds (European Defence Fund, EDF) geförderten Forschungsprojekts „Advanced Biometrics In Training and Simulation” (ABITS) kennen und schätzen gelernt. Guardiaris ist ein globaler Player und mit seinen unfassbar gut gemachten Simulatoren und Plattformen seit 15 Jahren im Bereich Sicherheitsbehörden und Verteidigung aktiv. Wir können mit unseren Möglichkeiten diese Simulatoren um die Perspektive des Menschen perfekt ergänzen und unsere Technologie in die von Guardiaris integrieren – ein natürlicher Match.

Nils Berger (Viewpointsystem) with Primož Peterca, CEO of Guardiaris, at IT2EC 2023, Rotterdam.

Nils Berger (Viewpointsystem) mit Primož Peterca, CEO von Guardiaris, auf der IT2EC 2023, Rotterdam.

FÜR DAS ERWÄHNTE ABITS-FORSCHUNGSPROJEKT HABEN SIE UND IHRE PROJEKTPARTNER 2,23 MILLIONEN EURO AUS MITTELN DES EUROPÄISCHEN VERTEIDIGUNGSFONDS ERHALTEN. WORUM GEHT ES BEI DEM PROJEKT GENAU?

Mit dem EDF investiert die EU erstmals in industrielle, paneuropäische Kooperationsprojekte im Verteidigungsbereich. Insgesamt werden 1,2 Milliarden Euro für 61 Forschungs- und Entwicklungsprojekte eingesetzt, u.a. aus den Bereichen KI, Cyberspace oder Halbleiter.

Im ABITS Projekt entwickeln wir zusammen mit Guardiaris und Smartex (Italien) eine datengetriebene high-end Trainingslösung für den Innenbereich. Unsere Technologie wird mit den biometrischen Daten anderer Sensoren kombiniert und liefert wichtige Erkenntnisse über beispielsweise Aufmerksamkeit, Stress und kognitive Belastung des Trainierenden. So erhalten wir ein allumfassendes Bild des psychophysischen Zustands, das dann wieder in den Trainings-Simulationskreislauf integriert wird.

Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit den Verteidigungsministerien Österreichs, Sloweniens und Dänemarks durchgeführt. 

Eine längere Version des Interviews ist in der aktuellen Ausgabe des Magazins „Militär Aktuell“ zu lesen.


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