EIN GESPRÄCH MIT IP-COUNSEL EDDY VINDIGNI
Von Cezara Maria Muresan
Jedes Jahr werden weltweit über 3 Millionen Patente angemeldet – ein klarer Beweis dafür, dass Innovation und Fortschritt in unserer global vernetzten Welt nach wie stark sind. Patente verschaffen Erfindern und Unternehmen entscheidende Vorteile: Sie schützen Ideen, fördern die Zusammenarbeit und treiben den Fortschritt voran. Patente mögen manchmal kompliziert erscheinen, doch ihr Wert ist unbestreitbar.
In diesem Interview erklärt Eddy Vindigni, IP Counsel bei Viewpointsystem, wie Unternehmen Patente strategisch nutzen können und wie man entscheidet, was wirklich patentiert werden sollte. Und welchen Einfluss hat KI auf geistiges Eigentum? Eddy gibt uns spannende Einblicke, warum Patente auch heute noch ein unverzichtbares Werkzeug sind, um in einem wettbewerbsintensiven Markt erfolgreich zu sein.
Redaktion: Eddy, was ist deiner Meinung nach die bedeutendste patentierte Innovation im Bereich Manufacturing?
Eddy Vindigni: Für mich ist es das U.S. Patent No. 223,898 – die Glühbirne von Thomas Edison, die 1880 patentiert wurde. Sie hat nicht nur die Beleuchtung revolutioniert, sondern auch die Art und Weise, wie Fabriken arbeiten. Vorher waren viele Betriebe auf Tageslicht oder ineffiziente Gasbeleuchtung angewiesen. Mit der elektrischen Glühbirne konnten sie rund um die Uhr produzieren, was die Produktivität enorm gesteigert hat und den Weg für die heutige 24-Stunden-Produktion ebnete.
Patente gelten oft als kompliziertes rechtliches Konstrukt. Warum sind sie dennoch so wichtig für Innovation, besonders in der Technologiebranche?
Patente sind das Rückgrat der Innovation. Sie geben Erfindern für eine begrenzte Zeit exklusive Rechte an ihren Ideen. Dieser Schutz verhindert nicht nur, dass Ideen kopiert werden, sondern ermutigt auch Investitionen in neue Technologien.
Damit ein Patent gültig ist, muss der Erfinder erklären, wie seine Erfindung funktioniert. Das trägt zum kollektiven Wissen bei und ermöglicht es anderen, darauf aufzubauen, sobald das Patent abgelaufen ist.
Wie entscheiden denn Unternehmen bei der Entwicklung komplexer Technologien, welche Aspekte patentiert werden sollen?
Man sollte sich auf Funktionen konzentrieren, die wirklich einzigartig sind und strategischen Wert haben. Bei Smart Glasses, wie wir sie bei Viewpointsystem entwickeln, können das zum Beispiel Technologien sein, die die Funktionalität deutlich verbessern – wie zuverlässigere Software, innovative Machine-Learning-Lösungen oder neue Interaktionsmöglichkeiten für Nutzer.
Die Features, die ein Produkt am Markt besonders machen, sind es wert, geschützt zu werden. Durch den Patentschutz erhalten Unternehmen greifbare Vorteile: Für große Unternehmen sichern Patente die Kerninnovationen und ermöglichen die Dominanz in bestimmten Märkten. Für Startups sind Patente ebenso wertvoll, da sie Investoren signalisieren, dass das Unternehmen geschützte Technologien besitzt – ein entscheidender Faktor bei Finanzierungsentscheidungen.
Wie können Patente in einer globalisierten Welt sicherstellen, dass bei gemeinsamen Projekten, wie Kooperationen oder Forschungspartnerschaften, die Beiträge aller Beteiligten geschützt sind?
Patente sind hier besonders wichtig, weil sie festlegen, wem welche Rechte gehören. Bei gemeinsamen Projekten kann ein Co-Ownership-Vertrag regeln, wie gemeinsam entwickelte Patente genutzt oder kommerzialisiert werden. Alternativ können Lizenzverträge abgeschlossen werden, bei denen eine Partei die Technologie der anderen nutzen darf – meist gegen eine Lizenzgebühr. Solche Regelungen schaffen Vertrauen und schützen die Innovationen aller Beteiligten.
Manche sagen, dass Patente Innovationen bremsen können. Wie ist deine Meinung dazu?
Ich sehe das anders. Auf den ersten Blick könnten Patente wie Hindernisse wirken, aber in Wahrheit fördern sie langfristige Innovationen. Sie belohnen Erfinder für ihre Investitionen und tragen durch die Offenlegung von Erfindungen zum kollektiven Wissensaufbau bei. Dieses System ermutigt zu kreativen Ansätzen und unterstützt weitere Forschung.
Welche Tipps hast du für Startups und kleinere Unternehmen, um ihre Innovationen strategisch zu schützen?
Mein wichtigster Tipp: Konzentriert euch auf eure Kerninnovationen – also die, die euch wirklich von der Konkurrenz abheben. Startet mit einer nationalen Patentanmeldung, da diese günstiger ist, und entscheidet innerhalb eines Jahres, ob ihr den Schutz international ausweiten wollt, zum Beispiel über den PCT (Patentzusammenarbeitsvertrag). Diese Strategie gibt euch Zeit und Flexibilität, bis ihr über mehr Ressourcen verfügt. Außerdem ist es entscheidend, die Patentaktivitäten der Konkurrenz im Auge zu behalten – so lassen sich Lücken erkennen oder Bereiche stärken. Eine gut durchdachte IP-Strategie kann Ressourcen maximieren und gleichzeitig die entscheidenden Innovationen schützen.
Künstliche Intelligenz spielt eine immer größere Rolle bei der Analyse bestehender Technologien und der Unterstützung von Erfindern. Wie könnte sich dadurch die Entscheidung, ob eine Erfindung patentierbar ist, ändern?
Ich glaube, dass sich die Fortschritte in der KI eher auf das Kriterium der „Nicht-Offensichtlichkeit“ (erfinderische Tätigkeit) als auf das Kriterium der „Neuheit“ (neu für die Welt) auswirken werden. Der Ansatz des Europäischen Patentamts (EPA) zur Bewertung der erfinderischen Tätigkeit beinhaltet bereits eine Bewertung, ob ein Fachmann die Erfindung als naheliegend ansehen würde.
Da KI-Tools bei der Unterstützung von Recherchen zum Stand der Technik und bei der Ausarbeitung von Erfindungen immer ausgefeilter werden, muss die Definition eines „Fachmanns“ möglicherweise weiterentwickelt werden. Das Patentsystem muss an die zunehmende Komplexität durch KI angepasst werden und diese berücksichtigen.
Wie wird sich das globale Patentsystem deiner Meinung nach in den kommenden Jahrzehnten entwickeln?
KI wird definitiv eine zentrale Rolle spielen bei der Automatisierung von Aufgaben, wie Recherchen zum Stand der Technik, dem Entwurf von Patentanträgen und sogar bei der ersten Beurteilungen der Patentierbarkeit. Dadurch wird der Patentprozess effizienter, und Rückstände bei Anträgen könnten reduziert werden. Trotzdem wird menschliche Expertise weiterhin unverzichtbar bleiben – vor allem für strategische Entscheidungen und die Interpretation komplexer Rechtsnormen. Ich denke, dass das zukünftige Patentsystem eine Mischung aus KI-gestützter Effizienz und menschlicher Aufsicht sein wird, um Qualität und Fairness sicherzustellen.
Wie wird sich das globale Patentsystem deiner Meinung nach in den kHast du ein persönliches „Patent-Lieblingsprojekt“ aus deiner bisherigen Arbeit, vielleicht etwas besonders Kreatives oder Ungewöhnliches? ommenden Jahrzehnten entwickeln?
Ja, eines meiner Lieblingsprojekte war ein Patent für ein Verfahren, das den sogenannten Proof-of-Stake-Konsens in Blockchain-Technologien ermöglicht. Das System sollte sicherstellen, dass Transaktionen in einem digitalen Netzwerk zuverlässig und vertrauenswürdig sind. Besonders spannend war, diesen hochtechnischen Prozess so zu erklären, dass er sowohl für Nicht-Experten verständlich als auch rechtlich durchsetzbar ist. Es hat mir großen Spaß gemacht, die technischen Feinheiten mit der dynamischen Entwicklung der Blockchain-Technologie in Einklang zu bringen und dabei sicherzustellen, dass die innovativen Aspekte des Verfahrens bestmöglich geschützt werden.
Wenn du für eine fiktive Erfindung ein Patent einreichen könnten, welche wäre das und warum?
Ich würde das Zeitreiseauto aus “Zurück in die Zukunft” patentieren. Ein Auto, das sich nicht nur durch den Raum, sondern auch durch die Zeit bewegen kann, würde unsere Art, Geschichte zu verstehen, Forschung zu betreiben und das Leben zu erleben, revolutionieren. Obwohl dieses Konzept fiktiv ist, würde es faszinierende Technologien erfordern – wie fortschrittliche Energiequellen und präzise Zeitnavigationssysteme. Ein solches Patent wäre sowohl aufregend als auch anspruchsvoll, da es innovative Sicherheitsmaßnahmen erfordern würde, um die Herausforderungen der Zeitreise zu bewältigen und unbeabsichtigte Auswirkungen auf die Geschichte zu verhindern.